„Die Deutschen arbeiten zu wenig.“
Ein Satz, der zuletzt aus politischen Kreisen kam – und bei vielen Kopfschütteln ausgelöst hat. Denn wenn wir ehrlich sind: Die meisten von uns arbeiten nicht zu wenig. Sie arbeiten erschöpft. Zwischen Meetings, Deadlines, Familienverpflichtungen und einem permanenten Leistungsanspruch. Viele funktionieren – und sind gleichzeitig innerlich am Limit.
Und da frage ich mich: Wenn wir jetzt auch noch länger arbeiten sollen – was passiert dann mit denen, die heute schon kaum durchhalten?
Genau hier kommt das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) ins Spiel. Oder besser gesagt: die Chance, es neu zu denken. Nicht als nettes Extra, sondern als echte Antwort auf eine Arbeitswelt, die sich verändert – und dabei oft zu wenig Raum lässt für das, was uns Menschen ausmacht.
Mentale Gesundheit ist kein Zusatz – sie ist Voraussetzung
Wir leben in einer Zeit, in der Belastungen immer komplexer werden. Psychische Erkrankungen stehen ganz oben bei den Fehlzeiten – und trotzdem wird mentale Gesundheit oft noch wie ein „weiches Thema“ behandelt. Dabei ist sie in Wahrheit der härteste Erfolgsfaktor überhaupt: für Konzentration, Kreativität, Teamgeist und nachhaltige Leistung.
Die Frage ist also nicht mehr, ob BGM sich mit psychischer Gesundheit beschäftigen sollte – sondern wie.
1. Führung, die wirklich meint, was sie fragt
Menschen arbeiten dann am besten, wenn sie sich gesehen und verstanden fühlen. Wenn eine Führungskraft fragt: „Wie geht’s dir wirklich?“, braucht es mehr als nur die Worte – es braucht ehrliches Interesse. Empathie. Und die Fähigkeit, zuzuhören, ohne sofort zu bewerten.
Denn was nützt eine gut gemeinte Frage, wenn sie wie aus dem Lehrbuch klingt? Mitarbeitende spüren sofort, ob ein echtes Gespräch entstehen darf – oder ob es doch nur bei der Floskel bleibt.
2. Resilienz ist mehr als Achtsamkeit – sie ist innere Stärke
Resilienz bedeutet nicht nur, zur Ruhe zu kommen. Es geht um mehr: um Optimismus inmitten von Unsicherheit. Um Selbstwirksamkeit – also das Gefühl, etwas bewirken zu können. Und darum, im Sturm handlungsfähig zu bleiben, statt sich hilflos zu fühlen.
Resilienz Trainings, die genau hier ansetzen, helfen Menschen, sich selbst besser zu verstehen – und mit Herausforderungen klarer, bewusster und kraftvoller umzugehen.
3. Raum für echte Begegnung schaffen – und Teamspirit neu beleben
Homeoffice, Spardruck, Projektstress: Vielerorts ist das Wir-Gefühl auf der Strecke geblieben. Aber ohne Verbindung kein Vertrauen. Und ohne Vertrauen kein gesundes Miteinander.
BGM kann hier Brücken bauen – mit Maßnahmen, die echte Begegnungen fördern: gemeinsame Erlebnisse, kreative Teambuildingformate, informelle Austauschräume. Nicht als „Event“, sondern als echte Investition in das, was ein Team zusammenhält.
4. Symptome lindern reicht nicht – wir müssen an die Ursachen ran
Yoga, Rückenfit, Entspannung – all das ist gut. Aber wenn wir ehrlich sind: Es lindert Symptome. Und greift oft zu kurz.
Was fehlt, sind Angebote, die tiefer gehen. Stressmanagementtrainings, in denen Mitarbeitende verstehen, warum sie sich überlastet fühlen – und was sie dagegen tun können. Kommunikationstrainings, die helfen, Konflikte besser zu lösen. Reflexionsräume, in denen auch schwierige Themen besprechbar werden.
Ein starkes BGM fragt nicht nur: „Wie geht’s dir besser?“ – sondern auch: „Was macht dich überhaupt so müde?“
5. Angebote, die so vielfältig sind wie die Menschen, die sie brauchen
Nicht jeder lernt gleich. Nicht jeder braucht dasselbe. Manche möchten selbstbestimmt im E-Learning arbeiten, andere wünschen sich den Austausch in Präsenz. Manche brauchen Flexibilität – andere Verbindlichkeit.
Gutes BGM ist kein One-size-fits-all. Es denkt in Bedürfnissen, nicht in Maßnahmenpaketen. Es ermöglicht Beteiligung und Mitgestaltung – und macht Angebote zugänglich, nahbar und anschlussfähig für alle.